Zweiter Allgemeiner Deutscher Wohnungskongress

07.03.2024 | Lexikon

Am 12. Juni 1911 wurde der zweite Deutsche Wohnungskongress in Leipzig veranstaltet – ein Nachfolgekongress des ersten Kongresses von 1904. Er fand in der Zeit, in der man bereits über einen bevorstehenden Krieg diskutierte (den 1. Weltkrieg), keine so große Resonanz, obwohl die Wohnungssituation vieler Mieter sich bis zu diesem Zeitpunkt sehr verschlechtert hatte. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die durch Bodenspekulation verursachten Bodenpreissteigerungen mit der Folge hoher Mietpreise, die nach damaliger Ansicht zu unlösbaren Wohnungsproblemen der unteren Schichten der Bevölkerung führten. Dies stand im krassen Gegensatz zum Entstehen luxuriöser Wohnungen der Oberschicht in bevorzugten Gegenden. Die Folge der Bodenpreissteigerungen war der Versuch, die Bodenspekulation durch Einführung der Wertzuwachssteuer in den Griff zu bekommen. Ausführlich wurden auf dem Kongress die Folgen der hohen Mietpreise behandelt: Große Familien versuchten in kleinen Wohnungen mit drei bis vier Bewohnern pro Raum unterzukommen. Sie vermieteten Übernachtungsmöglichkeiten an sogenannte Schlafgänger. Es gab in Preußen polizeiliche Vorschriften, wonach einem Schlafgast mindestens drei Quadratmeter Bodenfläche und 19 Kubikmeter Luftraum zugestanden werden mussten. 1910 gab es in Berlin 212 000 Schlafgänger. Das waren immerhin rund zehn Prozent der damaligen Bevölkerung. Eine Berliner Statistik zeigte, dass 50 Prozent der Wohnungen über keine Heizung und 15 Prozent über keine Küche verfügten. Internationales Aufsehen erweckte dann das großzügige Projekt einer Werksiedlung für Arbeitnehmer der Fa. Krupp auf der Margarethenhöhe in Essen.