Wem ein Anspruch aus einer Urkunde zusteht, der hat die Möglichkeit, statt eines langwierigen Rechtsstreites einen so genannten Urkundenprozess zu führen. Die den Anspruch begründenden Tatsachen müssen sich unmittelbar aus der Urkunde ergeben. Als Beweismittel stehen nur Urkunden zur Verfügung, aus denen sich die zugrunde liegende Forderung ergibt. Der Prozess ist damit in der Regel sehr schnell beendet.
Der Sinn besteht darin, dass dem Kläger im Urkundenprozess schnellstmöglich ein vollstreckbares Urteil zur Verfügung steht, wenn zu befürchten ist, dass möglicherweise gegen den Schuldner wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird oder der Schuldner an einen unbekannten Ort verzieht.
Auf den Urkundenprozess folgt das so genannte Nachverfahren, in dem alle Beweismittel zugelassen sind. Hier hat der Beklagte nun auch bessere Verteidigungsmöglichkeiten.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. XII ZR 321/97) können auch Mietforderungen im Urkundenprozess geltend gemacht werden. Dem Urteil lag ein Gewerberaummietverhältnis zugrunde. Am 01.06.2005 entschied der Bundesgerichtshof, dass dies auch für Mietforderungen aus Wohnraummietverträgen gilt – und zwar selbst dann, wenn der Mieter mit Mängeln der Mietwohnung gegen die Forderung argumentiert.
Der Gerichtshof entschied, dass der Mieter seine Argumente, wenn er sie nicht per Urkunde beweisen kann, im Nachverfahren geltend machen muss. Allerdings muss der Vermieter für einen eventuellen Schaden des Mieters aus der Vollstreckung aufkommen, wenn der Mieter in diesem Nachverfahren den Sieg davonträgt (BGH, Az. VIII ZR 216/04).
Am 8.7.2009 entschied der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 200/08), dass bei einem Wohnraummietvertrag auch dann die Miete im Urkundenprozess eingeklagt werden kann, wenn der Mieter mit einer Mietminderung wegen von Anfang an vorhandener Mängeln dagegen hält, die er bisher nicht gerügt hatte. Im Urkundenprozess kann demnach eine Klage auf Mietzins in einem solchen Fall stattfinden, wenn sich entweder die Vertragspartner darüber einig sind, dass der Mieter ursprünglich die Wohnung als mangelfrei übernommen hat oder wenn der Vermieter ein derartiges Verhalten des Mieters durch Urkunden beweisen kann – z.B. durch ein unterschriebenes Übergabeprotokoll oder Kontoauszüge, nach denen der Mieter zunächst die verlangte Miete in voller Höhe gezahlt hat.