Unternehmensethik in der Immobilienwirtschaft

06.03.2024 | Lexikon

Lange Zeit galt in den Wirtschaftswissenschaften die von Adam Smith aufgestellte These, dass die wirtschaftlich erstrebenswerte Wohlfahrt bei gerechter Güterverteilung sich einstelle, wenn jeder Mensch seine eigenen Interessen verfolge.

Wohlfahrt und gerechte Güterverteilung sind ethisch gebotene anzustrebende Zwecke. Die Steuerung wird einer unsichtbaren Hand zugeschrieben. Das so genannte Pareto-Optimum als Wohlfahrtsoptimum spitzt dies zu, indem Vilfredo Pareto unterstellt, dass nur rationales und eigennütziges Verhalten aller Wirtschaftsakteure erforderlich sei, um das Wohlfahrtsoptimum zu erreichen.

Dies ist die neoliberale Sichtweise von Wirtschaft. Die Institutionenökonomie hat inzwischen neue Grenzen gezogen. Die Grunderkenntnis bleibt auch hier bestehen. Wirtschaft funktioniert durch Gütertausch. Dieser aber ist mit Transaktionskosten verbunden.

Diese Erkenntnis wurde in der klassischen und neoliberalen Theorie nicht genügend berücksichtigt. Die Transaktionskosten können aber durch opportunistisches Verhalten erheblich in die Höhe getrieben werden. Unter einem opportunistischen Verhalten ist „die Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List“ (einschließlich Rechtsverstöße wie Lügen, Unterschlagen und Betrügen) zu verstehen (Oliver Williamson 1990).

Krimineller List kann allerdings durch ein scharfes, prohibitiv wirkendes juristisches Regelwerk begegnet werden. Da aber nicht jeder Opportunismus auch schon einen juristischen relevanten Tatbestand darstellt, gilt es in der Wirtschaft, Regelwerke aufzustellen, die eine Orientierungsgrundlage für ein Verhalten vorgeben, das opportunistisches Verhalten zum Schaden der Vertragspartner als Ausdruck von Unlauterkeit brandmarkt. Es sind ethische Regeln für den Bereich der Wirtschaft.

Ausgangslage für denkbares opportunistisches Verhalten ist die Grundtatsache, dass zwischen Anbietern von und Nachfragern nach Gütern, die auch in Dienstleistungen bestehen können, eine asymmetrische Informationsverteilung vorherrscht. Dies kann durch Informationsverweigerung, Schließung von unvollkommenen Verträgen und sonstigen „hidden actions“ dazu führen, dass Transaktionen erheblich verteuert werden.

Nur wenn es einen Verhaltens-Kodex gibt, dessen Grundnorm auf Ehrlichkeit beruht und wenn er von den Marktakteuren schon wegen der zu verlierenden Reputation ernst genommen wird, liefert Wirtschafts- und Unternehmensethik einen Beitrag zur Optimierung der gesellschaftlichen Wohlfahrt. In der Immobilienwirtschaft gibt es eine Reihe von Ansätzen zur Formulierung von Verhaltenskodices.
Bekannt sind die Standesregeln der Maklerverbände, aber auch der Corporate Governance Kodex der deutschen Immobilienwirtschaft.

Die Royal Institution of Chartered Surveyors haben ebenfalls die Mitglieder verpflichtende „Rules of Conduct“ aufgestellt, die erst 2003 wieder neu formuliert wurden. Die Wirksamkeit der Regelwerke hängt einerseits von der öffentlichen Kenntnisnahme (dem Bekanntheitsgrad) und andererseits vom Funktionieren der Verbandskontrolle ab sowie von der Durchsetzung von Sanktionen durch die Verbände bei Verstößen.