Umsatzsteuer-Schädlinge

07.03.2024 | Lexikon

Als Umsatzsteuer-Schädlinge werden im gewerblichen Mietrecht umgangssprachlich abwertend Mieter bezeichnet, deren Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Dies sind zum Beispiel Ärzte, Banken und Versicherungen, Bausparkassen, Lotterie- und Wettannahmestellen, Deutsche Telekom AG und Deutsche Post AG, Hausverwaltungen der Gebäudeeigentümer, öffentlich-rechtliche kulturelle und soziale Einrichtungen und Bildungsträger. Derartige Mieter werden in steuerlicher Hinsicht von der Vermieterseite oft als nachteilig empfunden.

Hintergrund ist, dass ein gewerblicher Vermieter, der hohe Investitionen in sein Mietobjekt tätigt, sich die an die jeweiligen Bau- und Handwerksbetriebe gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt unter Umständen erstatten lassen kann. Dies ist jedoch an verschiedene Voraussetzungen gebunden. So gibt es eine Umsatzsteuer- bzw. Vorsteuererstattung nur, wenn der betreffende Eigentümer selbst Umsatzsteuer abführt.

Grundsätzlich ist die Vermietung und Verpachtung nicht umsatzsteuerpflichtig. Ausnahmen gelten u.a. für Wohn- und Schlafräume, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung an Fremde vermietet und für KfZ-Abstellplätze. Vermieter können jedoch zur Umsatzsteuer optieren. Sie können also von einem Wahlrecht Gebrauch machen, Umsatzsteuer auf ihre Mieteinkünfte zu entrichten, was ihnen auch das Recht gibt, sich die an andere gezahlte Umsatzsteuer als sogenannte Vorsteuer zurückerstatten zu lassen. Sie sind damit vorsteuerabzugsberechtigt.

Dieses Recht haben sie jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das Objekt für Tätigkeiten genutzt wird, die ebenfalls der Umsatzsteuer unterliegen. Dies gilt auch für die Tätigkeiten der Mieter. Diese müssen also Unternehmer sein und umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen erbringen – zumindest zu 95 Prozent.

Vorteil der Regelung ist, dass der Vermieter bei Investitionen in das Objekt – zum Beispiel einer Fassadendämmung mit Nachrüstung moderner Fenster und Dachsanierung – die auf die Handwerkerrechnungen gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet bzw. angerechnet bekommt. Für den Mieter gibt es keine Nachteile: Er kann ebenfalls die an den Vermieter auf die Miete gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Ein Nachteil ist, dass der mögliche Mieterkreis geringer ist. Besonders finanzstarke Mietergruppen wie Ärzte oder Banken kommen als Mieter nicht in Betracht. Das Leerstandsrisiko wächst.

Fällt die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mieters nachträglich weg, fällt die gesamte Konstruktion in sich zusammen. Dann kann das Finanzamt auch bereits erstattete Vorsteuern zurückverlangen.

Zur Absicherung des Vermieters kann vom Mieter bei Vertragsabschluss eine schriftliche Bescheinigung darüber verlangt werden, welche Tätigkeiten er im Einzelnen erbringt und dass diese umsatzsteuerpflichtig sind. Zu empfehlen ist auch eine mietvertragliche Verpflichtung des Mieters, nur umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten durchzuführen, dies dem Vermieter jährlich nachzuweisen und bei nachträglichem Wegfallen der Vorsteuerabzugsberechtigung durch mieterseitige Änderungen der Tätigkeit den Steuerschaden des Vermieters zu ersetzen.

Folgende gesetzliche Regelungen sind dabei relevant:

  • Umsatzsteuerbefreiung für Vermietung und Verpachtung: § 4 Nr. 12 a. UStG,
  • Möglichkeit zum „Optieren“: § 9 Abs. 2 UStG.