Störerhaftung

07.03.2024 | Lexikon

Die Störerhaftung ist ein juristisches Instrument, um Inhaber von WLAN-Anschlüssen für Urheberrechtsverletzungen Dritter zur Verantwortung zu ziehen, die deren Anschlüsse nutzen.

Störer ist, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Form willentlich und ursächlich zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt. Übersetzt: Auch wer nicht selbst anderer Leute Urheberrecht verletzt oder daran mitgewirkt hat, kann wie ein Täter finanziell zur Verantwortung gezogen werden, wenn er die Voraussetzungen für den Verstoß geschaffen hat und keine ausreichenden Maßnahmen getroffen hat, um diesen zu verhindern.

Mit diesem Kunstgriff können Inhaber öffentlicher WLAN-Hotspots etwa in Geschäften, Cafes, Hotels, Pensionen oder Campingplätzen für illegale Filesharing-Aktivitäten ihrer Kunden zur Rechenschaft gezogen werden. Denn immerhin haben sie den Anschluss eingerichtet und anderen zur Verfügung gestellt. Ein komplexes Thema sind die sogenannten Prüfpflichten des Anschlussinhabers, deren Verletzung eine Haftungsvoraussetzung ist. Dabei geht es um die Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen der Anschlussinhaber gegen eine rechtswidrige Anschlussnutzung ergreifen muss und inwieweit andere Personen – Kinder, Familienmitglieder, Gäste, Kunden – überwacht oder instruiert werden müssen, damit sie keine Rechtsverstöße begehen.

Im Jahr 2016 wurde über die Abschaffung der Störerhaftung diskutiert, da diese in nicht mehr zeitgemäßer Weise den freien Zugang zu öffentlich zugänglichen WLAN-Hotspots behindert und Haftungsrisiken für Betreiber privater WLAN-Netzwerke schafft. Zur klaren Abschaffung ist es jedoch nicht gekommen. Vielmehr wurde am 21. Juli 2016 eine Änderung des Telemediengesetzes verabschiedet, die WLAN-Betreibern das sogenannte Providerprivileg zugesteht: Nach § 8 Abs. 3 TMG sind Diensteanbieter für die Übermittlung durchgeleiteter fremder Informationen nicht verantwortlich, wenn sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. Aber: Eine zunächst geplante Formulierung, die einen Unterlassungsanspruch der Inhaber von Urheberrechten ausschloss, wurde gestrichen. Die Gesetzesbegründung äußert den unverbindlichen Wunsch des Gesetzgebers, dass die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen unterbleiben solle. Untersagt ist diese damit nicht.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15. September 2016 (Az. C-484/14) stellt klar, dass der Inhaber des Urheberrechts gegen den WLAN-Hotspot-Betreiber keinen Anspruch auf Schadensersatz oder für dessen Durchsetzung aufgewendete Abmahnkosten hat. Andererseits darf der Rechteinhaber eine gerichtliche Anordnung beantragen, die den WLAN-Betreiber dazu zwingt, künftigen Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen. So soll es möglich sein, die Betreiber zur Identifizierung ihrer Nutzer durch Kontrolle der Personalien und Vergabe eines Passwortes zu verpflichten. Damit wäre jedoch nicht nur in praktischer Hinsicht die freie Verfügbarkeit von WLAN unterbunden, sondern auch das deutsche Providerprivileg ausgehebelt, da dieses bei Auswahl und Kontrolle der Nutzer nicht mehr greift. Rechtliche Schritte – auch in massenhafter Form – gegen Betreiber öffentlich zugänglicher WLAN-Hotspots bleiben damit möglich.

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