Der Begriff „Stave“ steht in der friesischen Sprache für ein Hausgrundstück. Das Stavenrecht (auch „Stavengerechtigkeit“, „Deichstavenrecht“) ist ein an der Küste Nordfrieslands überliefertes Gewohnheitsrecht. Seine Entstehung wird auf das 17. Jahrhundert datiert. Als althergebrachtes Erbbaurecht wird es noch heute anerkannt. Der Inhaber eines solchen Rechts darf auf dem davon betroffenen Deichgrundstück bauen und das errichtete Bauwerk unterhalten. Dieses zeitlich unbegrenzte Recht ist vererblich; es kann übertragen und geteilt sowie auch belastet werden.
Sinn des Stavenrechts war eine Ansiedlung von Menschen in der durch Landgewinnung wachsenden Fläche. Denn hier wurden Arbeitskräfte gebraucht, nicht zuletzt für die Reparatur von Deichen im Notfall. Das Eigentum an Deichgrundstücken war nicht veräußerbar. Das Stavenrecht gab jedoch seinen Inhabern die Möglichkeit, auf einem Mitteldeich (also einem ehemaligen Seedeich, der zwar noch benötigt wurde, aber nicht mehr „in vorderster Linie“ zur See stand) ein Haus zu errichten und zu nutzen. Es stellte ein dingliches Nutzungsrecht dar. Eigentümer blieb der jeweilige Deichverband oder Koog. Niedergelegt wurde das Recht in sogenannten Stavenbriefen. Für die Stavenrechte wurden besondere Grundbuchblätter angelegt („Stavengrundbuch“). Der Rechteinhaber hatte eine jährliche Abgabe, das Stavengeld, zu zahlen. Das Recht war an das errichtete Gebäude gebunden. Die Rechteinhaber hatten bestimmte durch Deichsicherheitsregeln bedingte Vorgaben bei der Bepflanzung und Bebauung der Grundstücke zu beachten. Mit der Zerstörung des Gebäudes ging auch das dazugehörige Stavenrecht unter.
Heutige Situation:
Die Stavenrechte existieren gemäß Art. 184 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) weiter und werden als Erbbaurechte behandelt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese regelt heute das Erbbaurechtsgesetz. Stavenrechte können seit Inkrafttreten des BGB (1900) nicht mehr neu begründet werden. Ein Eigentumserwerb durch den bisherigen Rechteinhaber ist im Rahmen einer Einmalzahlung möglich, wenn der Deich nicht mehr zur Absicherung gegen Sturmfluten erforderlich ist.