Soziale Stadt

06.03.2024 | Lexikon

Durch die für den Städtebau zuständigen Länderminister wurde 1996 eine Gemeinschaftsinitiative entwickelt, die den plakativen Titel Soziale Stadt erhielt.

Problemhintergrund dieser Initiative war die in vielen Städten der Bundesrepublik sich abzeichnende Gefahr, dass ganze Stadtviertel durch den Prozess einer problematischen Ent­mischung der Bevölkerung, des Verfalls und der öffentlichen Verwahrlosung in eine sozial nicht tragbare Ghettosituation zu geraten drohten. Einerseits wurde die Situation durch den zunehmenden Anteil der ausländischen Bevölkerung aus den Problemzonen Europas und Afrikas verschärft, der sich in den Großstädten auf wenige Stadtviertel konzentrierte. An­de­rer­seits führte der zunehmende Verlust des auf der früheren Industriegesellschaft beruhenden Sozialgefüges zu einer schichtspezifischen Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsteile, die den Gesellschaftswandel nicht mitvollziehen konnten und die mit dem Etikett Langzeitarbeitslose sozial ausgegrenzt wurden.

Die fehlende Integrationsbereitschaft beziehungsweise Integrationskraft der Gemeindeverwaltungen verschärfte die Situation. Nach­dem sich das Bundesbauministerium der Länderinitiative an­geschlossen hat, wurde 1999 ein Modellprogramm ent­wi­ckelt, mit dessen Hilfe die vom ökonomischen und baulichen Abstieg bedrohten Wohnquartiere (Stadtteile mit besonderem Ent­wick­lungs­be­darf) vor dem Umkippen in die Slum-Bildung bewahrt werden sollten. Die Anzahl der Programmgebiete beträgt 161. Sie befinden sich in 123 Gemeinden. In jedem Bundesland steht ein Gebiet unter der besonderen Obhut des Bundes und hat Modellcharakter. Im Jahr 2000 kamen noch 49 weitere Gebiete dazu. Zum Teil handelt es sich um innerstädtische Altbauquartiere (Beispiel Innenstadt Neunkirchen im Saarland) zum Teil um Großwohnsiedlungen aus der Nachkriegszeit (Beispiel Siedlung Hasenbergl in München).

Die Grundidee der Sozialen Stadt ist es, mit Hilfe eines inte­grie­rten Maßnahmebündels alle das Zusammenleben be­tref­fen­den Lebensbereiche des geförderten Wohnquartiers zu erfassen. Es bezieht sich auf Handlungsfelder wie Arbeit und Beschäftigung zum Beispiel Jobvermittlung für Schulabgänger, soziale, kul­tu­relle, bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur, Teil­nah­me der Bewohner am Stadtteilleben, integrierte Förderung und Finanzierung von Gemeinschaftsanlagen.

Zwischen 1999 und 2004 haben Bund, Länder und Gemeinden die Entwicklung in den Quartieren der Sozialen Stadt mit 1,2 Milliarden Euro gefördert. Das Fördervolumen reduzierte sich konstant. Eine Bundestransferstelle soll einen bundesweiten Informations- und Datenaustausch ermöglichen. 2011 betrug die Anzahl der Programmgebiete 374. Sie befinden sich in 253 Gemeinden.

Im Zusammenhang mit der Änderung des BauGB am 20.07.2004 wurde den Maßnahmen eine gesetzliche Grundlage gegeben. Städtebauliche Maßnahmen der Sozialen Stadt werden in § 171e definiert als Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von durch soziale Missstände benachteiligte Ortsteile des Gemeindegebietes, in denen ein besonderer Entwicklungsbedarf besteht. Das Gebiet, auf das sich die Maßnehmen beziehen, muss förmlich festgelegt werden.