Schneeräumpflicht für Mieter

06.03.2024 | Lexikon

Die Schneeräumpflicht ist Teil der Straßenreinigungspflicht. Diese obliegt grundsätzlich der Gemeinde. Hinsichtlich der Bürgersteige werden diese Pflichten in der Regel per Satzung auf die jeweiligen Grundeigentümer übertragen.

Ist das Grundstück vermietet, kann der Eigentümer die Pflicht zur Gehwegereinigung und auch zum Schneeräumen auf den oder die Mieter übertragen. Als wirksam übernommen gilt die Reinigungspflicht, wenn sie mietvertraglich vereinbart oder durch tatsächliche Übernahme der Arbeiten akzeptiert wurde. Eine nachträgliche Verpflichtung des Mieters über eine Änderung der Hausordnung ist nicht möglich.

Gereinigt bzw. von Schnee befreit werden müssen Gehwege vor dem Grundstück, der Weg zum Hauseingang und ggf. der Zugang zu den Müllbehältern. Die Einzelheiten der Schneeräumpflicht werden meist in der Hausordnung geregelt. Besonders bei größeren Wohnanlagen muss eine Regelung getroffen werden, wer zu welchem Zeitpunkt zuständig ist. Es empfiehlt sich eine „Schneeräumkarte“, die eine Streupflicht für einen Tag mit sich bringt und nur bei tatsächlicher Durchführung von Schneeräumarbeiten an den nächsten Mieter weitergegeben wird.

Wer zum Schneeräumen verpflichtet ist, muss meist morgens ab sieben Uhr und abends bis 20 Uhr Schnee und Eis beseitigen und gegebenenfalls streuen (vorzugsweise Sand). Wann genau die Wege frei sein müssen, regeln Gemeindesatzungen. Hier kann es regionale Unterschiede geben. Meist geht man davon aus, dass der Räumpflichtige nach Ende eines Schneefalles ca. 30 Minuten abwarten darf, um festzustellen, ob es weiter schneien wird. Geräumt werden muss erst nach Ende des Schneefalles. Fällt permanent Schnee, muss aber trotzdem tagsüber mehrfach geräumt werden. Ist der Betreffende abwesend (Urlaub, Arbeit), muss er dafür sorgen, dass ein Vertreter seine Pflichten erfüllt.

Mietrechtliche Probleme kann es bei älteren oder kranken Mietern geben, die nicht in der Lage sind, ihren Pflichten nachzukommen. Einige Gerichte verlangen von diesen die Bereitstellung eines Vertreters, ggf. einer Firma für die Schneeräumung (z.B. LG Kassel, WM 91, 580). Es existieren auch Urteile, die Senioren von der Schneeräumpflicht freistellen. So befreite das Amtsgericht Hamburg-Altona eine 80-jährige Mieterin von der Räumpflicht aus gesundheitlichen Gründen (Urteil vom 30.08.2006, Az. 318 A C 146/06). Die Dame konnte ein Attest vorlegen. Dem Gericht zufolge muss sie sich nicht an den Kosten für einen Räumdienst beteiligen.

Auch zur Breite des zu räumenden Gehwegstreifens gibt es unterschiedliche Gerichsurteile. So muss einem Urteil des Oberlandesgericht Naumburg zufolge ein Gehweg in einer Breite von 1,20 bis 1,50 Metern frei sein (Urteil vom 11.05.2012, Az. 10 U 44/11). Dem Oberlandesgericht Nürnberg reicht ein 1 bis 1,20 Meter breiter Streifen aus (Az. 6 U 2402/00 vom 22.12.2000). Faustregel: Je mehr ein Weg benutzt wird, desto breiter ist er auch zu räumen.

Kommt es zu einem Unfall, weil der Mieter seine Pflichten vernachlässigt hat, erwarten ihn hohe Schadenersatzforderungen. Auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung ist möglich.

Beispiel: Das Oberlandesgericht Oldenburg gestand einem Passanten, der auf dem öffentlichen Gehweg vor einer Wohnanlage gestürzt war und sich komplizierte Brüche zugezogen hatte, trotz eines Mitverschuldens Schadenersatz in Höhe von über 16.000 Euro zu. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sah das Gericht darin, dass der Verpflichtete (hier die Wohnungseigentümergemeinschaft) einen Hausbewohner mit der Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht betraut hatte, der mittlerweile 82 Jahre alt war. Eine Kontrolle, ob dieser noch in der Lage war, die Wege der Wohnanlage pflichtgemäß zu räumen, hatte nicht stattgefunden. Wer also eine Räumpflicht weitergibt – sei es an eine Einzelperson oder ein Unternehmen – bleibt in der Verantwortung, wenn er deren Einhaltung nicht kontrolliert. Umso mehr, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Pflicht vielleicht nicht ausreichend erfüllt wird (Urteil vom 13.2.2014, Az. 1 U 77/13).

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