Unter der „Neuen Ökonomie“ wird keine neue volkswirtschaftliche Lehrmeinung über Wirtschaftsprozesse und -strukturen verstanden. Vielmehr tritt eine neue Sichtweise des wirtschaftlichen Geschehens in den Vordergrund, die sich aus der zunehmenden Möglichkeit der schnellen Beschaffung und Verarbeitung von Informationen bei geringer werdenden Informationskosten ergibt. Dies führt zu zunehmend kürzeren Reaktionsdauern und schnelleren Reaktionsmöglichkeiten der am Wirtschaftsprozess Beteiligten auf von außen kommende Einflüsse. Grundsätzlich führt dies dazu, dass bestimmte traditionelle Haltungen (z.B. das Sich-Stützen auf eigene Erfahrungen) und Handlungsweisen (Nutzen von „Entscheidungen aus dem Bauch“) an Bedeutung verlieren.
Die neue Wissensgesellschaft führt zunehmend zur Beschleunigung und Rationalisierung von Entscheidungsprozessen. Das Verlassen von Erfahrungsplattformen fördert zunehmend Innovation. Die neue Ökonomie, auch als „Netzwerkökonomie“, „Internet-Ökonomie“, „Wissensökonomie“ bezeichnet, verwischt zwangsläufig alte Grenzziehungen, fixierte Standortvorstellungen und verleiht den Wettbewerbswirkungen eine zusätzliche zeitliche Dimension. Die Halbwertzeit von Wissen wird dabei geringer.
Geltendes Wissen, das heute abrufbar ist, kann morgen schon obsolet sein. Darum gilt es, das Wissen jetzt und nicht später auf den Markt zu bringen. Mit jedem zusätzlichen Informationsproduzenten, der im Internet auftritt und jedem zusätzlichen Nutzer wächst der Gesamtnutzen, der sich daraus für die Volkswirtschaft ergibt. Es handelt sich um eine umgekehrte Erscheinung dessen, was früher als das Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachses bezeichnet wurde. Der richtige Umgang mit Wissen und den daraus entstehenden Potentialen gibt heute kleineren Einheiten zunehmend mehr Chancen als großen, in Strukturen festgezurrten Unternehmen.
Auch die Immobilienwirtschaft wird von der Neuen Ökonomie erfasst. Zunehmend präsentieren sich Immobilienunternehmen im Internet. Die Zahl der Immobiliendatenbanken wächst. Der ökonomische Zwang zur Konzentration auf wenige Datenbanken, die den Markt repräsentieren, nimmt aber ebenfalls zu. Die Wohnlandschaft ändert sich. Die Zeit, in der es eine Ausnahme ist, wenn ein Privathaushalt am weltweiten Netz nicht kommunikativ teilnimmt, wo die Grenze zwischen Wohn- und Arbeitsstätte als Konsum- und Produktionsstätte sich auflöst, wo Gymnasiasten die Homepages von Unternehmen gestalten und pflegen, scheint vor der Türe zu stehen.
Da das Wissen der Welt wesentlich leichter zugänglich und jederzeit abrufbar wird, dürfte sich der Zeiteinsatz zur Aneignung von Wissen in Form des Lernens künftig reduzieren. Dass damit mehr Freiraum für die Weisheit im Sinne des Nachdenkens über den Sinn des menschlichen Tuns bleibt, könnte als Chance der Neuen Ökonomie begriffen werden.
Die Entwicklungen dieser Zeit bei der Planung von Gebäuden von morgen zu antizipieren gehört unter den Perspektiven der Neuen Ökonomie zu den immobilienwirtschaftlichen Aufgaben von heute. Es kann davon ausgegangen werden, dass traditionelle Einteilungsschemata von Wohnungen sich ändern werden. Neben Wohn- und Schlafzimmer werden beispielsweise Räume treten, die man als „Kommunikationsräume“ – Verbindungsräume zur Welt – bezeichnen könnte.
Der rasche Niedergang der „Start Up-Unternehmen“, die im IT-Bereich wie Pilze aus dem Boden schossen, verführt nicht selten dazu, das Kapitel Neue Ökonomie als Seifenblase abzutun. Tatsächlich aber hat die Branche die Welt bereits erheblich verändert.