Mietspiegel

06.03.2024 | Lexikon

Im BGB ist bestimmt, dass Gemeinden einen Mietspiegel erstellen sollen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Eine Anpas­sung an geänderte Marktverhältnisse soll alle zwei Jahre erfolgen. Zweck des Mietspiegels ist es, Vermietern und Mietern von Wohnraum eine Information über die Höhe der Vergleichsmiete zu geben. Vermieter können ein Miet­erhöhungsverlangen mit dem zutreffenden Miet­spiegel­miet­satz begründen, Mieter ein überhöhtes Miet­er­höh­ungs­ver­lan­gen damit abwehren.

Der Mietspiegel ermöglicht eine Feststellung der durchschnittlichen Miete für Wohnungen mit bestimmten Eigenschaften. Die Wohnungen werden in der Regel beurteilt nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage sowie auch nach der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit (Heizsystem, Wärmedämmung).

Vom einfachen Mietspiegel ist der „qualifizierte Miet­spie­gel“ zu unterscheiden, der nach anerkannten wissen­schaft­li­chen Grundsätzen erstellt wird. Er muss von der Ge­mein­de, für die der Mietspiegel erstellt wurde, ausdrücklich anerkannt sein. Alternativ kann er auch von den Interessenvertretern der Vermieter und Mieter – also von deren jeweiligen Verbänden – anerkannt werden. Dieser Mietspiegel ist alle zwei Jahre der Marktentwicklung anzupassen und alle vier Jahre neu zu erstellen. Beim qualifizierten Mietspiegel spricht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die darin enthaltenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegeln (§ 558d Abs. 3 BGB).

Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten für einen Mietspiegel, darf preisgebundener Wohnraum nicht berücksichtigt werden.

Zu berücksichtigen sind dagegen Mieten, die innerhalb der letzten vier Jahre (ab Erhebung der Daten) vereinbart oder geändert worden sind. Mietspiegel hatten früher als Begründungsmittel für das Erhöhungsverlangen im Rechtsstreit eine relativ geringe Bedeutung. Über­wie­gend haben sich die Vertragsparteien einvernehmlich auf eine neue Miethöhe geeinigt. Durch die Miet­rechts­re­form 2001 erhielt der qualifizierte Mietspiegel für die Begründung der Vergleichsmiete nun allerdings eine Vorrangstellung. Die Richtigkeitsvermutung kann nur mit einem Sachverständigengutachten widerlegt werden.

Auch ein einfacher Mietspiegel kann dem Bundesgerichtshof zufolge im Streitfall alleinige Grundlage der dem Gericht obliegenden Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Ihm wird dabei eine Indizwirkung zuerkannt, die vom Mieter allerdings durch substantiierte Gegenargumente erschüttert werden kann. Der Bundesgerichtshof entschied in diesem Urteil auch, dass bei Fehlen eines Mietspiegels in einer Gemeinde vom Vermieter auch der Mietspiegel der Nachbargemeinde herangezogen werden kann. Allerdings dürfte dies nur für Gemeinden mit ähnlichem Mietniveau gelten (Urteil vom 16.6.2010, Az. VIII ZR 99/09).

Für die Akzeptanz des Mietspiegels ist es wichtig, dass alle am Wohnungsmarkt Beteiligten an dessen Erstellung ein­ver­nehm­lich teilgenommen haben. So wurde der Miet­spie­gel von Erfurt unter Beteiligung von Haus & Grund Erfurt, dem Vermieterbund Erfurt und dem Verband Thüringer Wohnungswirtschaft erstellt.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat am 11.5.2015 entschieden, dass der qualifizierte Mietspiegel für Berlin den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht. Er sei – insbesondere wegen des verwendeten Verfahrens der Extremwertbereinigung – nicht auf Grundlage wissenschaftlicher Methoden zustande gekommen und damit nicht als qualifizierter Mietspiegel zu betrachten. Das Gericht lehnte auch eine Heranziehung des Berliner Mietspiegels als einfacher Mietspiegel ab und verließ sich im konkreten Fall bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf ein Sachverständigengutachten (Az. 235 C 133/13). Das Urteil wurde in der Presse teilweise als „Anfang vom Ende“ der deutschen Mietspiegel bezeichnet. Es lässt sich jedoch nicht unbedingt verallgemeinern, da sich die Bewertungskriterien und Berechnungsmethoden der Mietspiegel unterscheiden.

Das Landgericht Berlin hat in diesem Verfahren das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Allerdings wurde damit argumentiert, dass Mieter und Vermieter beide davon ausgegangen seien, dass der Mietspiegel 2013 nicht hinreichend qualifiziert sei. Das Gericht müsse sich daher nicht mit der Verwendbarkeit des Mietspiegels oder dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Gutachten gegen den Mietspiegel beschäftigen. Die Revision wurde nicht zugelassen (Landgericht Berlin, Urteil vom 2.12.2015, Az. 18 S 183/15). Es gibt eine ganze Reihe von Urteilen verschiedener Berliner Gerichte zum Thema „Mietspiegel“ – mit Ergebnissen in beide Richtungen.

Eine Link-Sammlung zu Mietspiegeln in Deutschland finden Sie im Internet unter dem Stichwort Mietspiegeltabellen.