Aus mehreren deutschen Gemeinden hörte man im Herbst 2015, dass Mietverhältnisse über gemeindeeigene Wohnungen gekündigt wurden, um Flüchtlinge unterbringen zu können. Als Kündigungsgrund wurde in der Regel Eigenbedarf angegeben. Diese Praxis ist rechtlich umstritten und wird auch politisch als unklug angesehen, da sie ein Konkurrenzverhältnis zwischen den bisherigen Mietern und Flüchtlingen um günstigen Wohnraum schafft.
In Freiburg wurden nach Presseberichten Mietern städtischer Wohnungen Kündigungsschreiben mit Bezug auf eine geplante Flüchtlingsunterbringung zugeschickt, die sich als gefälscht erwiesen. Hier sollte offenbar Ausländerhass geschürt werden.
Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 2012 ausgeführt, dass „ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses vorliegen kann, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (vor allem eine Gemeinde) die von ihr vermietete Wohnung zur Umsetzung von Aufgaben benötigt, an deren Erfüllung ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht.“ Dabei betont der BGH, dass eine bestehende Rechtspflicht der Gemeinde zu Durchführung der entsprechenden Aufgaben nicht verlangt wird. Das Gericht ging hier davon aus, dass die Kündigung nicht wegen Eigenbedarfs gerechtfertigt sei, sondern allgemein aus „berechtigtem Interesse“ im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB. Konkret ging es um eine Kirchengemeinde, die eine Wohnung in ein Beratungszentrum umbauen wollte (Urteil vom 9. Mai 2012, Az. VIII ZR 238/11).
Letztlich kann eine Kündigung gemeindeeigener Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingen rechtswirksam sein. Sie muss es jedoch nicht, denn es kommt auf die Begründung, den Mietvertrag und viele Einzelumstände an. Im konkreten Fall sollte Rechtsberatung in Anspruch genommen werden. Bisher handelt es sich bei den bekanntgewordenen Kündigungen um relativ wenige, vereinzelte Fälle.