Seit Einführung der Insolvenzordnung am 1.1.1999 können auch Privatpersonen Insolvenz anmelden. Sind diese Personen Mieter, hat der Insolvenzantrag erhebliche Folgen für das Mietverhältnis.
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Mieter nicht mehr selbst Herr über die von ihm abgeschlossenen Verträge. Zuständig ist nun der Insolvenzverwalter, der dazu befugt ist, die gesamte Insolvenzmasse und alle damit zusammenhängenden Verträge des Schuldners zu verwalten und darüber zu verfügen. Im Verbraucher- bzw. Privatinsolvenzverfahren wird der Insolvenzverwalter auch als Treuhänder bezeichnet. Seine Aufgabe ist es zunächst, die noch vorhandenen Vermögenswerte zusammenzuhalten und Ausgaben einzuschränken. Anschließend verteilt er die Insolvenzmasse anteilig auf die Gläubiger.
Miet- und Pachtverträge des Schuldners darf der Insolvenzverwalter im Rahmen eines Sonderkündigungsrechts mit gesetzlicher Frist kündigen, ohne dass es auf die vereinbarte Vertragsdauer ankäme.
Handelt es sich allerdings um die Wohnung des Schuldners, darf der Insolvenzverwalter den Vertrag nicht kündigen. Hinsichtlich der Mietforderungen des Vermieters sind zwei zeitliche Phasen zu unterscheiden: Die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die danach. Bestehen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung noch Mietschulden, muss der Vermieter diese als Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter anmelden. Wie alle anderen Gläubiger wird er dann seine Quote an der Insolvenzmasse bekommen. Mietforderungen aus der Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten im Gegensatz dazu als sogenannte Masseverbindlichkeiten. Sie sind vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse laufend weiter zu bezahlen. Geregelt ist dies in § 108 der Insolvenzordnung. Reicht das vorhandene Geld nicht, kann unter Umständen ein Schadenersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, der jedoch eine Pflichtverletzung von dessen Seite voraussetzt.
Um sich von diesem Problem zu befreien, kann der Insolvenzverwalter eine sogenannte Entlastungserklärung hinsichtlich des Mietverhältnisses abgeben (§ 109 Absatz 1 InsO). Er erklärt damit, dass alle nach Ablauf einer dreimonatigen Frist fällig werdenden Forderungen nicht mehr innerhalb des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden können.
Die ersten drei Monatsmieten gehen also noch zu Lasten der Insolvenzmasse. Der Vermieter kann diese Forderungen nicht vom Mieter direkt einklagen. Alle späteren Monatsmieten muss der Vermieter außerhalb des Insolvenzverfahrens direkt gerichtlich geltend machen, was im Regelfall schwer fallen dürfte.
Der Vermieter hat allerdings die Möglichkeit, als Insolvenzgläubiger Schadenersatz für seine durch die vorzeitige Beendigung des Mietvertrages oder die sonstigen Folgen der Entlastungserklärung bedingten Ausfälle zu fordern.
Sind mehrere Personen Mieter der Wohnung, müssen die anderen Mieter keine Kündigung befürchten, da der Insolvenzverwalter kein Sonderkündigungsrecht für den Mietvertrag des Schuldners ausüben kann.
Die Insolvenz des Mieters allein ist nach der Insolvenzordnung für den Vermieter kein gesetzlich anerkannter Kündigungsgrund mehr. Bezahlt der Mieter die Miete trotz Insolvenz weiter – z.B. unter Verwendung seines Pfändungsfreibetrages – kann der Vermieter nicht kündigen. Stellt der Mieter (nach Stellung des Insolvenzantrages) die Mietzahlungen ein, kann nach den gängigen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen Verzuges mit der Mietzahlung gekündigt werden. Zulässig sind auch weitere nach dem BGB gesetzlich zulässige Kündigungsgründe (z.B. Eigenbedarf). Es muss ein berechtigtes Interesse des Vermieters vorliegen, mit dem die Kündigung begründet wird.
Es ist umstritten, wem gegenüber der Vermieter die Kündigung erklären muss. Sicherheitshalber sollte die Kündigung sowohl dem Mieter als auch dem Insolvenzverwalter zugestellt werden.
Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Kündigung durch den Vermieter aus folgenden Gründen gesetzlich ausgeschlossen:
- Verzug mit der Mietzahlung in der Zeit vor dem Insolvenzantrag,
- Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners.
Der Bundesgerichtshof hat am 17. Juni 2015 entschieden, dass bei Vorliegen einer Entlastungserklärung des Insolvenzverwalters bzw. im Verbraucherinsolvenzverfahren des Treuhänders hinsichtlich des Wohnungs-Mietverhältnisses eine vermieterseitige Kündigung auch wegen Mietrückständen möglich ist, die vor Stellung des Insolvenzantrages aufgelaufen sind. Denn mit der „Freigabeerklärung “ durch den Treuhänder falle das Mietverhältnis nicht mehr unter die Regelungen der Insolvenzordnung und stünde wieder zur Disposition der Vertragsparteien im Rahmen der mietrechtlichen Vorschriften (Az. VIII ZR 19/14).
Eine Besonderheit gilt, wenn der Insolvenzantrag bereits gestellt ist, die Mietwohnung aber noch nicht an den Mieter übergeben wurde. Der Insolvenzverwalter (an Stelle des Mieters) und der Vermieter können vom Vertrag zurücktreten. Jede Seite kann die andere dazu auffordern, innerhalb einer zweiwöchigen Frist mitzuteilen, ob ein Rücktritt beabsichtigt ist. Äußert sich die andere Seite innerhalb der Frist nicht, ist das Rücktrittsrecht für sie verfallen.