Hausnummer

06.03.2024 | Lexikon

Hausnummern dienen als Orientierungshilfe im modernen Stadtleben und sorgen dafür, dass Besucher, Polizei, Feuerwehr, Post oder Finanzamt jedermann erreichen können.

Aus einer Studie des Berliner Kulturhistorikers Markus Krajewski geht hervor, dass in Europa Ende des achtzehnten Jahrhunderts erstmals Straßen und Immobilien vollständig erfasst wurden. Zuvor gaben die Bewohner ihren Häusern lediglich Namen, wie „Brotlaube“, „Zum schwarzen Adler“ oder „Lindwurm“. Natürlich kamen Namen doppelt vor, mit Folgen, die sich jeder denken kann. Wer in alten Zeiten und dunklen Gassen ein Haus ohne Nummer und Straßenname suchte, wird sich so gefühlt haben, wie heute ein Europäer in einer japanischen Stadt.

Der Kaiserin Maria Theresia ist es zu verdanken, dass die Häuser Nummern erhalten haben. Ursprünglich als Maßnahme zur Verbrechensbekämpfung geplant, wollte man schon 1753 gegen den Widerstand der Bewohner die Nummerierung der Häuser einführen. Jedoch erst Heiligabend 1770 setzte die Kaiserin unter Androhung von Strafe die sogenannten „Konskriptionsnummern“ durch. Eine Kommission wanderte durch Wien und vergab der Reihe nach die Nummern, die einfach mit schwarzer, in Wien mit roter Farbe auf die Wände oder Türen geschrieben wurden. Die Nummerierung begann beim ersten Haus am Ort, der Hofburg, und endete beim letzten Haus auf dem Weg der Kommission. Das erste veröffentlichte Häuserverzeichnis gab 1343 Häuser an. Der Hintergedanke war vor allem, die Rekrutierung der k.u.k.-Armee und die Steuereintreibung zu erleichtern. Weil die Stadt weiter wuchs, geriet die Zahlenreihe bald in Unordnung. 1795 und 1821 mussten Häuser umnummeriert werden. Der Zusatz Numero, No., Nro. oder cis für tschechisch cisli sollte die Verwechslung mit Jahreszahlen für das Baujahr verhindern. 1862 wurde ein zusätzliches Adressierungssystem notwendig, das die Straßen einbezog. Am ersten und letzten Haus jeder Gasse sollte jetzt auch die Gassenbezeichnung stehen.

Es dauerte noch fast hundert Jahre, bis 1862 das heute gebräuchliche Nummerierungssystem eingeführt wurde: Die Häuser jeder Straße werden seither meist stadtauswärts aufsteigend nummeriert, rechts die geraden Zahlen, links die ungeraden. Ausnahmen gibt es bei Plätzen, die im Uhr- oder Gegenuhrzeigersinn durchnummeriert sind oder Straßen, die nur einseitig bebaut sind, dort tragen die Häuser häufig ungerade Nummern.

Eine Besonderheit bietet die ostfriesische Insel Baltrum mit ihren ca. 500 Einwohnern. Dort gibt es wie im alten Wien auch heute keine Straßennamen, sondern eine fortlaufende Nummerierung der Häuser nach ihrem Alter: je niedriger die Hausnummer, desto älter das Haus.