Hauptvertrag

06.03.2024 | Lexikon

Der Hauptvertrag ist die dritte Voraussetzung des Provisionsanspruchs nach § 652 BGB. Er ist, im Gegensatz zum Vorvertrag, die endgültige Vereinbarung zwischen den vom Makler zusammengeführten Parteien. Nur der Hauptvertrag löst den Provisionsanspruch aus. Um diesen Anspruch zu begründen, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Dies wird am Beispiel des Grundstückskaufvertrages erörtert.

1. Formwirksamkeit

Der Grundstückskaufvertrag muss nach § 311 b Abs.1 BGB notariell beurkundet werden. Unterbleibt dies ganz oder wird der Vertrag nur unvollständig beurkundet (Beispiel: Schwarzgeld), ist der gesamte Vertrag unwirksam, mit der Folge, dass der Provisionsanspruch nicht entsteht. Beurkundet werden müssen alle Vertragsbestandteile, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regeln. Beispiele: Baubeschreibungen, Teilungserklärungen, soweit noch nicht beurkundet.

Die Formnichtigkeit wird nach § 311 b Abs.1 Satz 2 durch Auflassung und Eintragung des Käufers als neuer Eigentümer in das Grundbuch geheilt. Folge: In diesem Augenblick entsteht der Provisionsanspruch.

2. Endgültiger Abschluss des Hauptvertrages

Der Hauptvertrag muss nach formwirksamem Abschluss wirksam sein. Bedarf er der Genehmigung, ist er schwebend unwirksam. Bis zur Genehmigung entsteht der Provisionsanspruch nicht. Beispiele: Der bei der Beurkundung abwesende Miteigentümer muss die für ihn abgegebenen Erklärungen genehmigen. Der Vertrag mit einem Minderjährigen muss durch das Vormundschaftsgericht genehmigt werden. Dieselbe Folge tritt ein, wenn der Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 Abs.1 BGB geschlossen wird.

Beispiele: Erteilung der gewünschten Baugenehmigung, Sicherstellung der Finanzierung. Grund: Der Käufer kann das Grundstück nur verwerten, wenn die Bebauung in der gewünschten Weise gesichert ist bzw. wenn die Finanzierung „steht“. Dies wird häufig als Rücktrittsvorbehalt formuliert. Text: – Der Käufer behält sich den Rücktritt von diesem Vertrag bis zum 30. September vor, falls bis zu diesem Zeitpunkt die Baugenehmigung nicht erteilt / die Finanzierung nicht gesichert ist.“ Tritt der Käufer zu dem genannten Zeitpunkt nicht zurück, wird der Kaufvertrag wirksam, auch wenn die Baugenehmigung nicht erteilt / der Kredit nicht bewilligt ist. Entscheidend ist die Nennung eines festen Datums, damit der Rücktrittsvorbehalt wie eine aufschiebende Bedingung behandelt wird.
Wird der Kaufvertrag unter einer auflösenden Bedingung gemäß § 158 Abs.2 BGB geschlossen, ist der Vertrag zunächst wirksam und wird bei Eintritt dieser Bedingung unwirksam, mit der Folge, dass der Provisionsanspruch entsteht und durch die spätere Unwirksamkeit nicht berührt wird (vgl. BGH WM 1971, 905).

Der Kaufvertrag darf nicht mit einem anfänglichen Mangel behaftet sein, der eine Vertragspartei zur Anfechtung berechtigt. Wird der Kaufvertrag, der zunächst wirksam geschlossen wurde, berechtigt angefochten, z.B. wegen Täuschung nach § 123 BGB, wird er gemäß § 142 BGB rückwirkend nichtig. Er war somit in keinem Augenblick wirksam. Der Provisionsanspruch entfällt.

3. Vertragsabschluss mit einem Dritten

Dritter ist der Vertragspartner des Auftraggebers innerhalb des vom Makler herbeigeführten Kaufvertrages. Dieser Vertragspartner darf nicht mit dem Makler identisch sein. Entscheidend ist, ob der Makler und der Dritte jeweils die Fähigkeit zur selbständigen und unabhängigen Willensbildung haben (vgl. BGH NJW 1985, 2473). Wer in Ausübung eines Amtes ein Grundstück veräußert, kann nicht Makler sein.

Beispiel: Der Testamentsvollstrecker, der ein zum Nachlass gehörendes Grundstück veräußert (vgl. BGH NJW 2000, 3781). Aber es besteht die Möglichkeit eines unabhängigen Provisionsversprechens, wenn der Käufer diese Tatsache kennt.

Es darf keine Verflechtung vorliegen. Eine echte Verflechtung ist gegeben, wenn auf Grund der organisatorischen Regelungen der Dritte auf den Makler entscheidenden Einfluss hat, oder umgekehrt. Es genügt auch eine unechte Verflechtung, bei der der Makler zu dem Vertragspartner seines Auftraggebers in einer Beziehung steht, die bewirkt, dass er sich, unabhängig vom Verhalten im Einzelfall, wegen eines „institutionalisierten Interessenkonflikts“ im Streitfall bei regelmäßigem Verlauf auf die Seite des Dritten stellt. Beispiel: Der Makler ist Geschäftsführer der verkaufenden GmbH (vgl. BGH NJW 1975,1215).

Persönliche Beziehungen des Maklers zu dem Dritten genügen nicht, um einen Interessenkonflikt zu bewirken, auch wenn der Dritte Ehegatte des Maklers ist (vgl. BVerfG NJW 1987, 2733). Hier müssen zusätzlich konkrete Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt vorliegen.

4. Kongruenz / Gleichwertigkeit

Der vom Makler verursachte Hauptvertrag darf von dem Auftrag des Kunden weder inhaltlich noch persönlich wesentlich abweichen. Andernfalls entsteht der Provisionsanspruch nicht. Inhaltliche Kongruenz ist zu bejahen, wenn sich der abgeschlossene Hauptvertrag mit dem in Auftrag gegebenen Vertrag inhaltlich deckt. Eine vollständige Übereinstimmung ist jedoch nicht erforderlich. Geringfügige Abweichungen schaden nicht. Entscheidend ist, ob der Auftraggeber mit dem abgeschlossenen Vertrag den gleichen wirtschaftlichen Erfolg erzielt. Beispiele: Kongruenz besteht, wenn der Auftraggeber den Kaufvertrag statt mit dem Eigentümer mit einem Verkäufer abschließt, der seinerseits das Grundstück erst erwerben muss (vgl.BGH NJW-RR 1996,123), oder bei Erwerb aller Anteile an einer Grundbesitz-GmbH statt des Grundstücks (vgl.BGH NJW 1998, 2277). Kongruenz besteht nicht bei Tausch statt Kauf, bei Erwerb von Grundstücksteileigentum statt Volleigentum (vgl. BGH WM 1973, 814).

Bei einer Differenz des Kaufpreises gegenüber dem Maklerangebot fallen die Entscheidungen unterschiedlich aus. Bei einem Verkaufspreis von 15 Prozent unter dem im Auftrag vorgesehenen wird die Kongruenz verneint (vgl. OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 1505). Weicht der tatsächliche Kaufpreis um zehn Prozent ab, soll Kongruenz gegeben sein (vgl. OLG Hamm, RNZM 1998, 271).

Persönliche Kongruenz liegt vor, wenn der Hauptvertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten abgeschlossen wird. Von dieser Regel bestehen Ausnahmen bei ausgeprägten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Vertragsschließenden und dem Auftraggeber zum Zeitpunkt des Hauptvertragsschlusses. Das Gleiche gilt bei festen Bindungen familienrechtlicher Art. Beispiele: Kongruenz wird bejaht bei Erwerb des einer GmbH nachgewiesenen Grundstücks durch eine zweite GmbH, die später durch denselben Gesellschafter mit identischem Gesellschaftszweck gegründet wird. Der Provisionsanspruch richtet sich gegen die Auftraggeberin, also die erste GmbH (vgl.BGH NJW 1995, 3311). Kongruenz liegt vor, wenn die Auftraggeber Lebenspartner sind, aber nur ein Partner erwirbt (vgl.BGH NJW 1991, 490), bei Auftrag durch den Ehemann und Erwerb durch beide Ehegatten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1994, 824). Auch bei der Frage, ob persönliche Kongruenz zu bejahen ist, spielt das wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers am Zustandekommen des Vertrages mit dem Dritten eine entscheidende Rolle.

Der Makler muss, will er seinen Provisionsanspruch sichern, von Anfang an darauf achten, dass der Hauptvertrag die hier dargestellten Voraussetzungen erfüllt.