Der Gestaltungsbeirat stellt eine unabhängige Beratungsinstanz für Architektur und Stadtplanung dar. Sein Anliegen besteht darin, Vorhaben von städtebaulicher Relevanz zu begutachten und Empfehlungen zu formulieren. Dabei geht es nicht nur um gestalterische Gesichtspunkte, sondern um einen gesamtheitlichen Ansatz, der wirtschaftliche Interessen, ökologische Kriterien und den städtebaulichen Kontext für das geplante Gebäude berücksichtigt. Der Gestaltungsbeirat soll Qualität in das Baugeschehen einer Stadt einbringen und das Stadtbild als Kulturgut stärken bzw. den Standortfaktor in touristischer oder unternehmerischer Hinsicht fördern.
In Deutschland existieren Gestaltungsbeiräte in verschieden Formen bereits seit einigen Jahrzehnten. Ihre Aufgaben und Wirkungen befinden sich in einem fortwährenden Entwicklungsprozess. Die Zahl der Gestaltungsbeiräte hat sich seit 1994 mehr als verdoppelt. Mehr als die Hälfte dieser Gremien sind in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen aktiv, überwiegend in Großstädten.
Eine Vorbildfunktion für das Wirken von Gestaltungsbeiräten hat die Stadt Regensburg. Diesem Modell sind Städte wie Lübeck, Trier, Karlsruhe, Leipzig und viele weitere gefolgt. Die Gestaltungsbeiräte argumentieren und vermitteln als ausgleichende Instanz zwischen Bauherren, Architekten und Bauverwaltung. Sie setzen sich ein für eine Balance zwischen dem spezifischen Interesse des Bauherrn und den Interessen der Allgemeinheit. Ihre Arbeit und das aktuelle Baugeschehen kommunizieren sie gegenüber der Bevölkerung. Gestaltungsbeiräte tagen in der Regel öffentlich. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Erhaltung der Stadtidentität. Weil die Auffassungen von Architektur und Stadt in einer individualisierten Gesellschaft verschieden sind, kann die Einwirkung des Gestaltungsbeirates lediglich darauf zielen, planerische und gestalterische Missgriffe zu vermeiden.
Gestaltungsbeiräte ersetzen die Entscheidungsgewalt und Verantwortung der Politik und Gemeindegremien als Baubehörde nicht, sondern bieten Stadtrat und Bauverwaltung eine begründete Entscheidungsgrundlage. Gestaltungsbeiräte müssen unabhängig und mit externen Experten besetzt sein, um eine Interessenskollision auszuschließen. Die Aufgaben des Beirats werden meistens von einem Gremium wahrgenommen, dessen Mitglieder unterschiedliche Positionen vertreten.
In den Niederlanden hat die Idee des Gestaltungsbeirates, der die Stadt gegen Verunstaltung schützen soll, eine lange Tradition. Diese Stadtgestaltungskommissionen, oft auch Kommissionen für räumliche Qualität genannt, beruhen in unserem Nachbarland auf gesetzlichen Regelungen, die bis in das 14. Jahrhundert zurückreichen. Im Sinne einer umfassenden Qualitätssicherung in Architektur und Städtebau entstanden dort vor rund 100 Jahren die sogenannten Schoonheidscommissies, die nicht überall unumstritten sind.