Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung

06.03.2024 | Lexikon

Auch: EWIV. Eine Gesellschaftsform, mit deren Einführung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa gefördert werden sollte. Sie geht auf eine EWG-Verordnung von 1985 zurück. Grundidee war, auf möglichst unkomplizierte Weise eine Kooperation verschiedener Partner aus unterschiedlichen EU-Staaten in einem rechtlichen Rahmen zu ermöglichen, der dem einer Personengesellschaft ähnelt.

Gesellschafter einer EWIV können andere Gesellschaften sein, ebenso aber auch Organisationsformen des öffentlichen Rechts oder natürliche Personen, die gewerbliche, kaufmännische, freiberufliche, handwerkliche oder landwirtschaftliche Tätigkeiten in der EU ausüben. Wichtige Bedingung: Die Gesellschaft muss aus mindestens zwei Mitgliedern aus verschiedenen Mitgliedstaaten bestehen.

Der Zweck der EWIV soll sein, durch gegenseitigen Austausch von Informationen und Ressourcen eine effektivere wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Mitglieder zu ermöglichen. Mit Hilfe der EWIV können zum Beispiel zwei Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedsstaaten auf relativ einfache Weise eine gemeinsame Handlungsplattform gründen, ohne ihre eigene Identität zu verlieren. Eine EWIV darf keine eigenen wirtschaftlichen Zwecke verfolgen oder Gewinne für sich selbst erwirtschaften.

Die EWIV gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des HGB. Ihre Gründung erfordert einen Gesellschaftsvertrag und die Eintragung in den Registern der jeweiligen Staaten. Die rechtliche Handlungsfähigkeit der EWIV ist von den Regelungen der einzelnen Mitgliedsstaaten abhängig. In Deutschland sind nach dem EWIV-Ausführungsgesetz die Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft entsprechend anzuwenden. Es gilt damit § 124 HGB, wodurch die EWIV Rechtsfähigkeit im Sinne einer Gesamthandsgemeinschaft erlangt.

Alle Mitglieder der EWIV haften gesamtschuldnerisch und unbegrenzt mit ihrem Vermögen für die Verbindlichkeiten der Vereinigung. Die Haftung der Mitglieder ist jedoch subsidiär, das heißt auf die Mitglieder kann erst dann Regress genommen werden, wenn die EWIV nach Aufforderung nicht fristgerecht gezahlt hat. Ein Pflichtkapital muss nicht gestellt werden. Die Vertretung nach außen übernehmen ein oder mehrere durch Beschluss oder Gesellschaftsvertrag dazu bestellte Geschäftsführer.

Wichtige Rechtsgrundlage ist das EWIV-Ausführungsgesetz (EWIVAG) mit Wirkung vom 1.1.1989.

Bis Ende August 2010 waren EU-weit circa 2.100 EWIVs gegründet worden, davon wurden jedoch etwa 300 bereits wieder eingestellt. In Deutschland existierten zu diesem Zeitpunkt circa 260 EWIVs.

Informationen über die EWIV sowie Beratung bei einer Gründung sind beim Europäischen EWIV-Informationszentrum erhältlich (http://www.ewiv.eu).