Erbschein

07.03.2024 | Lexikon

Ein Erbschein ist ein vom Nachlassgericht auf Antrag ausgestelltes Dokument, mit dem der Erbe seine Erbeneigenschaft nachweisen kann. Aus dem Erbschein geht auch hervor, zu welchem Anteil der Betreffende erbt und ob es Einschränkungen wie eine Testamentsvollstreckung gibt. Oft wird ein Nachweis verlangt, wenn z.B.

  • Konten und Depots aufgelöst,
  • Gelder von Versicherungen eingefordert,
  • Vermögensgegenstände veräußert,
  • Grundstücke im Grundbuch auf den Erben als neuen Eigentümer eingetragen werden sollen.

Der Erbschein ist jedoch mehr als ein nur als Nachweis dienendes Dokument. Er ist Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens, in dem anhand entsprechender Beweismittel wie Testament, Ausweisdokumenten, Sterbeurkunden etc. festgestellt wurde, wer Erbe ist – und er genießt wie das Grundbuch den sogenannten „öffentlichen Glauben“ (§ 2366 BGB). Das heißt: Von der Richtigkeit dessen, was im Erbschein steht, darf jeder ausgehen und Geschäfte, die auf dieser Basis getätigt werden, haben Bestand. Wird ein Vermögensgegenstand von einem Erben veräußert, der sich mit einem Erbschein legitimiert, erwirbt der Käufer daran gutgläubig Eigentum – selbst wenn sich später herausstellt, dass der Verkäufer doch nicht Erbe war und diesen Gegenstand nicht verkaufen durfte. Fordert ein durch Erbschein ausgewiesener Erbe von einem Schuldner des Verstorbenen Geld ein, wird dieser durch die Zahlung von seiner Schuld befreit – auch wenn sich später herausstellt, dass eigentlich jemand anders Erbe ist. Dieser kann die Forderung nicht noch einmal eintreiben.

Die Ausstellung des Erbscheins verursacht Kosten, deren Höhe mit dem Wert des Nachlasses steigt. In vielen Fällen ist ein Erbschein heute nicht mehr erforderlich. So kann gegenüber Banken und Versicherungen auch ein notarielles Testament oder ein notarieller Erbvertrag mit Eröffnungsprotokoll als Erbnachweis vorgelegt werden. Der Bundesgerichtshof hat 2013 entschieden, dass Geldinstitute nicht in ihren Geschäftsbedingungen die Vorlage eines Erbschein verlangen dürfen, wenn der Erbnachweis auch anders geführt werden kann (BGH, Az. XI ZR 401/12). Das Urteil nimmt dabei auf § 35 der Grundbuchordnung Bezug, welche als Erbnachweis auch die Vorlage eines notariellen Testaments mit Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts ausreichen lässt. Dieses Dokument kann daher auch Geldinstituten anstelle des Erbscheins vorgelegt werden.

Besteht eine Vollmacht über den Tod hinaus, kann der Bevollmächtigte auch ohne Erbschein Geld vom Konto des Erblassers abheben oder Überweisungen tätigen. Ist er kein berechtigter Erbe, muss er allerdings mit rechtlichen Schritten der Erben rechnen. Die rechtzeitige Erteilung einer Vollmacht kann für den Erben jedoch viel Zeit und Aufwand sparen.

Von besonderer Bedeutung ist der Erbschein bei gesetzlicher Erbfolge, da hier kein Testament als Nachweis existiert.