Berufs- und Geschäftsbedarf wird teilweise als Kündigungsgrund für Mietwohnungen verwendet. Gemeint ist damit, dass der Vermieter die Mietwohnung des Mieters nicht für Wohnzwecke benötigt – wie beim Eigenbedarf – sondern, um dort Geschäftsräume wie zum Beispiel Büros, Praxisräume oder Lagerräume einzurichten.
Lange wurde der Berufs- und Geschäftsbedarf von den Gerichten sehr nahe am gesetzlich geregelten Eigenbedarf angesiedelt. Er konnte daher ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung von Wohnräumen im Sinne von § 573 BGB begründen.
Im März 2017 hat der Bundesgerichtshof der Rechtsprechung der Instanzgerichte eine Absage erteilt und neue Regeln für den Umgang mit dem Berufs- oder Geschäftsbedarf aufgestellt.
Künftig gilt: Ein Berufs- oder Geschäftsbedarf stellt nicht automatisch einen anerkannten Kündigungsgrund dar. Weder die Voraussetzungen des Eigenbedarfs noch die einer Kündigung wegen einer „angemessenen wirtschaftlichen Verwertung“ sind gegeben. Es ist vielmehr eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall geboten, um festzustellen, ob ein berechtigtes Interesse für eine Kündigung im Sinne der Generalklausel von § 573 Abs. 1 BGB vorliegt.
Entscheidend ist dem BGH zufolge, ob die bisherigen Mieträume künftig ausschließlich geschäftlich genutzt werden sollen, oder ob eine Mischnutzung durch einen Vermieter stattfinden soll, der auch dort wohnt.
Im Falle einer Mischnutzung auch mit überwiegender geschäftlicher Nutzung werden gewisse Parallelen zur Eigenbedarfskündigung gesehen, weil der Vermieter ja seinen Lebensmittelpunkt in den bisherigen Mieträumen haben möchte. Deshalb sind die Schranken für eine Kündigung hier nicht sehr hoch. Der BGH verlangt lediglich den Nachweis, dass dem Vermieter bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter Nachteil entstünde. Dazu muss der Vermieter nachvollziehbare und vernünftige Erwägungen seiner Lebens- und Berufsplanung vortragen können. Auch eine geplante Mischnutzung durch den Ehegatten oder Lebenspartner des Vermieters zählt.
Schwieriger ist es bei einer ausschließlichen geschäftlichen Nutzung der Mieträume. Hier sieht der BGH größere Parallelen zur Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB als zur Eigenbedarfskündigung. Da der Mieter allein aus geschäftlichen Gründen aus seinem Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, seien strengere Maßstäbe anzulegen. Der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses müsse für den Vermieter einen Nachteil von einigem Gewicht darstellen. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn die geschäftliche Tätigkeit andernfalls nicht rentabel durchgeführt werden könne oder wenn die konkrete Lebensgestaltung die Nutzung der Mietwohnung erfordere (etwa gesundheitliche Einschränkungen, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen).
Im konkreten Fall wies der BGH die Räumungsklage einer Vermieterin ab. Deren Ehemann hätte die Mietwohnung für Archivräume seines Beratungsunternehmens benötigt. Dass der Mann seine zum Teil 30 Jahre alten Akten woanders einlagern müsse, sei als Nachteil nicht schwerwiegend genug, um dem Mieter zu kündigen (Urteil vom 29. März 2017, Az. VIII ZR 45/16).