In Zeiten niedriger Zinsen kommt es immer vor, dass ältere Bausparverträge mit hoher Verzinsung durch die Bausparkasse gekündigt werden. Betroffen sind meist Verträge, die schon längere Zeit zuteilungsreif sind. Das heißt, dass ein Mindestguthaben angespart und die vertraglich festgelegten Wartezeiten eingehalten wurden. Der Sparer könnte also Bausparguthaben und Bauspardarlehen für eine Immobilienfinanzierung verwenden. Er hat dies jedoch noch nicht getan. Von den Kündigungen sind häufig Bausparverträge betroffen, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind. Teilweise wird den Kunden jedoch auch eine Vertragsänderung angeboten, bei der heute übliche Konditionen vereinbart werden sollen.
Aus Sicht der Bausparkassen sind diese Altverträge ein Kostenfaktor, da sie für das Bausparguthaben oft Zinssätze von drei bis vier Prozent erbringen. In aktuellen Verträgen müssen sich die Kunden dagegen mit circa 0,25 Prozent zufrieden geben. Nicht in jedem Fall ist allerdings die Kündigung rechtlich einwandfrei.
Die Bausparkassen kündigen oft unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Aus dieser Vorschrift wird auch der Zehnjahreszeitraum abgeleitet. Verschiedene Gerichte haben entschieden, dass eine Bausparkasse den Vertrag dann kündigen kann, wenn das Bausparguthaben vollständig angespart und die vereinbarte Bausparsumme somit erreicht wurde. Wie das Oberlandesgericht Stuttgart ausgeführt hat, dient ein Bausparvertrag grundsätzlich dazu, die Bausparsumme anzusparen und nicht als zinsgünstige Kapitalanlage unabhängig vom Bausparzweck (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011, Az. 9 U 151/11). In dem in Stuttgart verhandelten Fall ging es um ein vollständig angespartes Guthaben, die Kündigung seitens der Bausparkasse war laut Gericht zulässig. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat so entschieden (Urteil vom 2. September 2013, Az. 19 U 106/13).
Aber: Dass ein Vertrag zuteilungsreif ist, bedeutet noch lange nicht, dass die Bausparsumme vollständig angespart wurde. Bei vielen gekündigten Verträgen ist dies nicht der Fall. Aus der Entscheidung des OLG Stuttgart könnte man ableiten, dass ein erst teilweise angesparter, aber schon zuteilungsreifer Vertrag nicht gekündigt werden kann, weil der Vertragszweck noch nicht erreicht ist.
Das Landgericht Mainz hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, dass der Vertragszweck bereits bei Zuteilungsreife erreicht ist. Denn dann könne das Bauspardarlehen in Anspruch genommen werden. In diesem Fall war das Guthaben noch nicht vollständig eingezahlt; Zuteilungsreife bestand seit über zehn Jahren. Das Landgericht Mainz sieht den Vertragszweck etwas anders als die beiden anderen Gerichte – nämlich in der Erlangung des Rechts, das Darlehen abzurufen. Das bedeutet, dass zehn Jahre nach Zuteilungsreife ein gesezliches Kündigungsrecht der Bausparkasse aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bestehen würde (Urteil vom 28.07.2014, Az. 5 O 1/14). Das Gericht betonte auch, dass die Kundin sich hier nicht darauf berufen könne, dass Verträge grundsätzlich einzuhalten seien. Denn sie habe selbst auch dem Vertragszweck zuwider gehandelt, indem sie das Darlehen bei Zuteilungsreife nicht abgerufen habe.
Inwieweit andere Gerichte diese Ansicht teilen, ist noch nicht klar. Eindeutig ist die Rechtslage jedoch nicht. Zumindest bei einem Vertrag, in den noch regelmäßig eingezahlt wird, kann eine Kündigung durch die Bausparkasse rechtlich problematisch sein. Im Streitfall können sich Kunden an die jeweiligen Ombudsleute der Privaten Bausparkassen wenden. Hier kann eine außergerichtliche Schlichtung stattfinden (www.schlichtungsstelle-bausparen.de).