Adjudikation

07.03.2024 | Lexikon

Dieser Begriff stammt aus dem englischen Recht. Er bezeichnet dort ein außergerichtliches Vorverfahren, dass zwingend vor einem Baurechtsstreit durchgeführt werden muss. Es handelt sich dabei um eine Methode der Streitbeilegung. In Deutschland wird teilweise der Begriff „Adjukation“ verwendet.

In Großbritannien ist diese Methode seit Inkrafttreten des „Housing Grants, Construction and Regeneration Act 1996“ am 1. Mai 1998 im Gesetz verankert. Sie ist damit zwingend in Bauverträge aufzunehmen. Grundsätzlich wird bei der Adjudikation eine Art Schiedsrichter (Adjudikator) ernannt, der alle während des Bauprojekts auftretenden Streitigkeiten innerhalb kurzer Zeit entscheidet. Seine Entscheidungen können gerichtlich angefochten werden. Die Besonderheit: Bis zur gerichtlichen Entscheidung sind beide Parteien an den Schiedsspruch gebunden. Ein Gerichtsprozess findet nur auf Antrag einer Partei statt. In der Zwischenzeit wird weitergebaut. Erfahrungen zeigen, dass sich die Parteien in den meisten Fällen mit dem Schiedsspruch abfinden: In Großbritannien sollen die Bauprozesse seit Einführung des Verfahrens um über 90 Prozent zurückgegangen sein.

Die Grundprobleme von Baustreitigkeiten sind:

  • eine enorme Fülle an Material (Mängelrügen für unterschiedlichste Mängel, untermauert durch Sachverständigengutachten, angefochten von Gegengutachten),
  • Beteiligung vieler Parteien (Generalunternehmer und Subunternehmer, oft Streit über Verantwortung für einzelne Mängel).

Bei einer gerichtlichen Entscheidung führen diese Probleme zu jahrelangen Verfahren. Bauprozesse um Mängel dauern in Deutschland durchschnittlich drei bis sechs Jahre, oft auch länger.

Auch im internationalen Bau- und Anlagenbaugeschäft wird häufig eine Adjudikation vertraglich vereinbart. Sie ist in den Musterverträgen der Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils (FIDIC) enthalten. Beabsichtigt wird damit auch in diesem Bereich die Vermeidung von längeren Baustillständen.

In Deutschland wurde über eine allgemeine Einführung der Adjudikation diskutiert. Im Jahr 2011 wurden entsprechende Vorüberlegungen für eine gesetzliche Regelung beendet. Grund war offenbar die Überlegung, dass Art. 101 des Grundgesetzes bei Streitfällen das Recht auf einen gesetzlichen Richter garantiert – und ein Adjudikator ist kein Richter. Hier wären in vielen Fällen wohl Architekten und Bauingenieure zum Einsatz gekommen. Auch ohne gesetzliche Regelung kann die Adjudikation allerdings in Bauverträgen individuell vereinbart werden.