Zentrale Orte

06.03.2024 | Lexikon

Zentrale Orte sind solche Gemeinden bzw. Städte, denen im Hinblick auf das Umland eine bestimmte Versorgungsfunktion zukommt. Es handelt sich um Versorgungsfunktionen im Bereich privater und öffentlicher Dienstleistungen, deren Angebot über die engen Gemeindegrenzen wirksam wird. Zu solchen Versorgungsleistungen zählen Schulen, Gymnasien, Universitäten, Bibliotheken, Sportanlagen, Krankenhäuser aber auch Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, Banken und Versicherungsgesellschaften. Von entscheidender Bedeutung für die Bewertung der Zentralität sind auch Verkehrswege, mit denen Umland und Zentrum vernetzt sind. Im Rahmen der Landesplanung unterscheidet man verschiedene Zentralitätsstufen. Die Hierarchie der Zentralität (vom Unter- und Kleinzentrum über das Mittelzentrum bis zum Oberzentrum) kennzeichnet die zunehmende Reichweite der Versorgungsleistungen. Orte höchster Zentralitätsstufe, auf die sich vor allem der öffentliche Verwaltungsbereich konzentriert, die aber auch in der Regel Kultur- und Wirtschaftszentren darstellen, sind Hauptstädte: In Deutschland sind das Berlin und die Landeshauptstädte. Ihnen kommt häufig eine Metropolfunktion zu, insbesondere wenn sie wegen internationaler Einrichtungen oder Veranstaltungen von internationalem Rang besondere Bedeutung erlangen.

Zu beobachten sind Tendenzen von Wanderungen aus den Kernstädten in das Umland, des Abbaus alter Industrien in den Kernstädten und des Aufbaus neuer Industrien im Umland und damit verbundenen eine Verdichtung der Region. Oberzentren geraten dadurch zunehmend in das Spannungsfeld, einerseits erhöhte überregional wirksamen Leistungen für das Umland erbringen zu müssen, andererseits aber mit relativ sinkenden Steuereinnahmen fertig werden zu müssen.

In Deutschland gibt es nach einer Einstufung vom Januar 2004 insgesamt 91 Oberzentren und 6 mögliche Oberzentren. Hinzu kommt eine Reihe von mit einander zu jeweils einem Oberzentrum verbundenen Städten z.B. Nürnberg-Erlangen-Fürth. Einige Mittelzentren übernehmen darüber hinaus Teilfunktionen eines Oberzentrums. Außerdem gibt es 728 Mittelzentren.
Untersuchungen haben ergeben, dass sehr große Unterschiede zwischen den Bundesländern bestehen, was die Differenzierung der Stufigkeit der Zentrale-Orte-Hierarchie und die Mindestbevölkerungszahlen der zentralörtlichen Verflechtungsbereiche angeht.

Im Zuge der Novellierung des Baugesetzbuches wurde Wert darauf gelegt, bei den Abstimmungsprozessen von Bauleitplänen zwischen den Gemeinden auf deren unterschiedliche Zentralitätsfunktionen stärker Rücksicht zu nehmen.

Das Modell der zentralen Orte (Zentrale-Orte-System ZOS) wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von W. Christaller entwickelt und gehört zu den Ursprungsgrundlagen der heutigen Raumordnung und Landesplanung. In der Wissenschaft gehört die Zentralitätstheorie zu einem selbständigen Theoriegebäude innerhalb der Geographie.